Landesverband Rheinland-Pfalz
Programm der Lebendigen Antike 2021/2 am Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (Vortragsreihe der vhs Koblenz)

Programm der Lebendigen Antike 2021/2 am Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (Vortragsreihe der vhs Koblenz)

Die „Lebendige Antike“ am Eichendorff-Gymnasium (Friedrich-Ebert-Ring 26-30; 56068 Koblenz) lädt zu den Vortragsreihen 2021/22 ein. Bitte beachten Sie, dass vor Ort die pandemiebedingten Bestimmungen eingehalten werden und sich auch die Einlassbestimmungen an den aktuellen Inzidenzwerten orientieren.

Die Vorträge beginnen jeweils um 19.30 Uhr, der Eintritt beläuft sich auf 5 Euro.

Organisation: Herr Ralph Riefert


Mi., den 23.6.2021: „Projektionsfläche Marc Aurel: Bilder eines guten Kaisers aus 1800 Jahren.“ (Dr. Jörg Fündling, RWTh Aachen)

Im Hollywood-Erfolg „Gladiator“ (2000) und dessen Vorgänger „Der Untergang des Römischen Reiches“ (1963) erscheint Kaiser Marc Aurel als gebrechlich letzte Hoffnung auf ein humanes, ja demokratisches Rom gegen die Gefahren von Dekadenz, Tyrannei und ungezügelte Gewalt. Wie dieGegenüberstellung mit dem als bösartig gezeichneten Erben Commodus hat auch die Heldenfigur seines Vaters zahlreiche Wurzeln in erzählenden Quellen der Antike. Historiker und Biographen der Kaiserzeit erzählen dabei, noch bevor es Regie und Drehbuch getan haben, mit beträchtlichen Freiheiten „ihren“ Marc Aurel. Das Spiel mit Ängsten und Idealvorstellungen verrät dabei ebenso viel über die jeweiligen Epochen, wie es Hinweise gibt, warum sich gerade diese Person so außergewöhnlich als Identifikationsfigur zu eignen scheint.

Mi., den 7.7.2021: „ Leonidas und seine 300 Spartiaten. Geschichte und Mythos der Schlacht bei den Thermopylen (480 v. Chr.).“ (Dr. Andreas Goltz, Universität Mainz)

Leonidas und seine 300 Spartiaten galten schon in der Antike als Exempel für den heroischen Kampf einer kleinen Truppe gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind Selbst in aussichtsloser Lage hielten der König und seine Mitkämpfer bis zum Tod die Stellung. Dieses Bild heldenhafter Gesetzestreue und Opferbereitschaft – gerne noch bereichert um die Interpretation als Kampf griechischer (westlicher) Freiheit gegen barbarische (östliche) Despotie – prägt bis heute die Rezeption der Schlacht bei den Thermopylen 480 v. Chr. und wird durch literarische, künstlerische oder politische Inanspruchnahme immer wieder aktualisiert und instrumentalisiert. Grund genug, sich einmal kritisch mit den Quellen, historischen Kontexten und Wirkungsmechanismen dieser bemerkenswerten Umdeutung einer militärischen Niederlage in einem moralischen Sieg auseinanderzusetzen.

Mi., den 22.9.2021: „Fröhliche Wissenschaften in Aristophanes ́ „Wolken“ . Sokrates und die Sophisten.“ (Prof. Dr. Jochen Althoff, Universität Mainz)

In den aristophanischen „Wolken“ von 423 v. Chr. (wir besitzen allerdings nur eine überarbeitete Fassung!) tritt Sokrates in einer Weise auf, die den an Platon geschulten Leser stark irritiert. Wenn er bei Platon stets als Gegner der zeitgenössischen Sophisten erscheint, ist er bei Aristophanes geradezu ein Vertreter dieser neuen intellektuellen Strömung am Ende des 5. Jhs. v. Chr.. Es scheint,als sei der Komiker großzügiger mit der Zuordnung einzelner Intellektueller umgegangen als der Philosoph Platon. Es sind aber nicht nur typische sophistische Themen, die in den „Wolken“ mit Sokrates verbunden werden, sondern auch aus zahlreichen anderen wissenschaftlichen Diskussionen übernimmt Aristophanes Motive, um sie seinem Sokrates anzuheften. Die Herkunft und spezifisch komische Verwendung dieser Elemente soll untersucht werden, wobei sich ergeben wird, dass die komische Verwertung bei Aristophanes im Vordergrund steht. Es ist zwar immer etwas unglücklich, wenn man Witze erst erklären muss, aber die Komik der altattischen Komödie erschließt sich heutigen Lesern erst auf den zweiten Blick. Wir werden sehen, dass sie dennoch auch heute noch witzig ist!

Mi., den 29.9.2021: „Kaiser Trajan an Rhein und eine verhinderte Militärrevolte.“ (Prof. Dr. Werner Eck, Universität zu Köln)

Als Kaiser Nerva im Oktober des Jahres 97 den Senator Ulpius Traianus als Sohn und damit Nachfolger adoptierte, war dieser nicht in Rom anwesend; er hielt sich vielmehr in Mainz auf, da er Statthalter der Provinz Obergermanien war. Jeder hätte erwartet, dass der der Adoptivsohn sogleich nach Rom zurückkehren würde, um sich Senat und Volk zu präsentieren. Doch das geschah nicht, vielmehr eilte er sofort in die niedergermanische Provinzhauptstadt Köln. Lange Zeit hat man nicht danach gefragt, warum Traian sich nicht nach Rom, sondern nach Niedergermanien begab. Doch der historische Kontext und vor allem neue Dokumente zeigen, dass in Niedergermanien eine Heeresrevolte wie im Jahre 69 n. Chr. drohte. Diese hätte auch Nerva und Traian bedroht, weshalb er in die Colonia Claudia Ara Agrippinensium eilte, um die Revolte zu verhindern. Als er selbst im Januar 98, als Nerva in Rom starb, in Köln als Kaiser akklamiert wurde, hatte er den Frieden beim niedergermanischen Heer bereits wiederhergestellt.

Mi., den 10.11.2021: „ Euripides‘ Tragödienverständnis am Beispiel der Iphigenie in Aulis.“ (Prof. Dr. Peter Riemer, Universität Saarbrücken)

Im 5. Jahrhundert v. Chr., in der Hochblüte der griechischen Kultur, haben drei Tragödiendichter dieTheaterbühne Athens beherrscht: Aischylos, Sophokles und Euripides.Ihre Stücke warten mit Mythen befasst, die sie je weils anders auslegten, weil ihre Weltsicht eine verschiedene war. Hoben die beiden älteren Dichter in ihren Stücken die Allmacht der Götter hervor und glaubten fest an einehöhere Gerechtigkeit, stellte der jüngste von ihnen, Euripides (ca. 480-406 v. Chr.), ein gottbefohlenes Schicksal gänzlich in Frage. Er gehörte zu den Aufklärern seiner Zeit und gestand den Menschen ein eigenes Entscheidungsvermögen zu. Aber er propagierte nicht nur die Befreiung von göttlicher Determiniertheit, sondern übte zugleich Kritik an eben diesem frei agierenden Menschen. Der Vortrag zeigt mit Blick auf andere euripideische Stücke, angefangen mit der Alkestis (438 v. Chr.), dass der Dichter dieser kritischen Sicht auf den Menschen bis zu seiner letzten Tragödie, der Iphigenie in Aulis (406 v. Chr.), treu geblieben ist.

Mi., den 24.11.2021: „ Psychopathen in Purpur? Die julisch-claudische Dynastie und der Caesarenwahnsinn.“ (Dr. Florian Sittig, Universität zu Köln)

Die julisch-claudischen Kaiser Tiberius, Caligula, Claudius und Nero sind für ihre Eskapaden bekannt. Sexuelle Perversionen, sadistische Freude an grausamen Hinrichtungen und der Glaube an die eigene Göttlichhkeit sind nur einige Beispiele aus dem Katalog ihrer Verhaltensauffälligkeiten. Die geschichtswissenschaftliche Diskussion der entsprechenden Berichte in den antiken Quellen erfolgt bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts in Auseinandersetzung mit dem Konzept des sogeannten Caesarenwahnsinns, eines psychischen Syndroms, ausgelöst durch eine unkontrollierte Machtfülle. Die Debatte kreist dabei vor allem um die Frage, ob die julisch-claudischen Kaiser einer solchen Krankheit erlagen oder ob es sich lediglich um eine Kampagne nachträglicher Diffamierung handelte. Als historische Analysekategorie bietet der Caesarenwahnsinn jedoch ein wesentlich größeres Erkenntnispotential für die strukturelle Erforschung des römischen Prinzipats, als bislang ausgeschöpft wurde. Über diesen Zugang lässt sich ein tiefer Einblick in die Widersprüchlichkeiten eines soziopolitischen Systems in der Phase seiner Genese und Aufschluss über dessen sukzessive Evolution gewinnen.

Mi., den 9.2.2022: „Frauen und Mode im frühen Griechenland“ (Prof. Dr. Klaus Junker, Universität Mainz)

Die Kleidung im antiken Griechenland, in abgewandelter Form durch viele Filme in der Gegenwart präsent, stellt auch für die Wissenschaft ein interessantes Thema dar. Schon in den Epen Homers spielen Textilluxus und schöne Kleidung, insbesondere bei den Frauen, eine wichtige Rolle: Man erfreut sich an der Schönheit der Stoffe und dokumentiert zugleich seine Zugehörigkeit zur Elite. Auch wenn sich kaum physische Reste der getragenen Kleidung erhalten haben, liefern Vasenbilder,Reliefs und Statuen eine lebhafte Anschauung von Formenvielfalt und Tragweite. Neuere naturwissenschaftliche Untersuchungen erlauben zudem, eine gute Vorstellung von der Farbigkeit der Gewänder zu gewinnen. Der Vortrag konzentriert sich auf die archaische und die hochklassische Epoche (ca. 750 bis 450 v. Chr.) und will zeigen, dass wir für die griechische Welt bereits von Modesprechen können, als einem bedeutenden ästhetischen und sozialen Phänomen.

Mi., den 2.3.2022: „Eine Kaisermutter als Venus – Die römischen First Ladies und ihre „virtuellen Körper““ (Dr. Patrick Schollmeyer, Universität Mainz)

Als Einstieg in das Thema wird eine Marmorstatue der Antonia Minor, Großmutter des Caligula und Mutter des Claudius, näher vorgestellt, die eine spannende Entdeckungsgeschichte hat und in der Antike in einem besonders luxuriösen Ambiente aufgestellt war. Dieses in Baiae, dem Sommerbad der römischen High Society, gefundene Standbild, das die kaiserliche Dame als Venus zeigt, dient als Einführung in die Interpretationsmöglichkeiten der wichtigsten Körpertypen, die für die statuarische Repräsentation der römischen Kaiserinnen seit Livia und bis zur Zeit Helenas (der Mutter Konstantins) in Gebrauch waren. Anhand weiterer prominenter Beispiele (u.a. Livia, Agrippina, Helena) wird gezeigt, welche inhaltlichen Aussagen im Sinn von idealen Rollenklischees mittels der diversen standardisierten Statuenkörper, welche ja niemals den „wahren,echten“ Körper der jeweiligen Kaiserinnen abbilden, dem antiken Betrachterpublikum vermittelt worden sind.

Alle Vorträge finden um 19.30 Uhr im Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (56068; Friedrich-Ebert-Ring 26-30) statt.

Eintritt: 5 Euro (nur Abendkasse!).